Harald

Nachname: Winkel
Geboren am: 01. Januar 1965
Gestorben am: 03. Februar 2010

Harald ist der "mittlere" Bruder von uns Männern.
Mit Harald hatte ich so manche "Dummheit" ausgeheckt.
In der Schmiede, gegenüber unserer ersten Wohnung in Dannefeld waren große Traktoren-Reifen sowie kleinere für die Anhänger aufgestapelt und waren ein ideales Versteck beim "Suche-Spiel". So manches Mal durfte der Schmied diese Stapel wieder aufrichten.
Die Tischlerei auf unserem Gehöft hatte ein Sägewerk und viele, frisch gesägte Holzbretter zum Trocknen gelagert. Einige Bretter waren länger als die anderen darüber und mussten uns als "Sprungbrett" ertragen ... manchmal bis es brach.
Das Sägewerk hatte unser besonderes Interesse geweckt. Der riesige Motor trieb ein Kreissägeblatt über einen breiten Treibriemen an. Dieser Treibriemen war ein sehr schönes Förderband für die drauf gelegten Gegenstände. Dass sich das Sägeblatt drehte, war uns egal.
Der schienengebundene Wagen, auf dem die schwehren Baumstämme der Kreissäge zuführt wurden, war ein weiteres "Spielzeug" für uns.
Harald setzte sich auf diesen Wagen und meine Freunde und ich brachten das Ding in Fahrt ... Richtung Sägeblatt. Ein kurzes "PASS AUF" hat nix genützt; die Hose war hin.
Er stieg vom Wagen ab um den Schaden zu begutachten und wir bemerkten, dass sein Schuh sich rot färbte.
Au weia, die Zähne des Sägeblattes haben versucht, sein Schienbein zu zersägen. Glück im Unglück: keiner hatte zu dem Zeitpunkt das "Förderband" benutzt.
Die Strafe meiner Eltern für mich: ich durfte Harald dann mit einer Art Rollstuhl zur Schule schieben.

Harald hat den Beruf des Maurers erlernt und war in der selben Firma beschäftigt in der ich als Bautischler mein Brot verdiente. Ich verließ die Firma, er blieb am Ball.
Nach der "Wende" schrumpfte sich unsere ehemalige ZBO "gesund" und mein Bruder wurde, wie so viele, "arbeits-suchend". Nach einem Besuch beim "Arbeitslosenamt" ereignete sich ein grausamer Autounfall, in dem Harald Verbrennungen und schwere Frakturen erlitt. Er wurde als "schwer vermittelbar" eingestuft und erhielt einen kleinen finanziellen Unterhalt in Form von Arbeitslosenhilfe.

Nicht genug der Grausamkeiten: mein Brüderchen bekam Speiseröhren-Krebs.
Er lebte jahrelang in Dannefeld, jedoch als unsere Mama nach Oebisfelde in mein Haus zog, wollte er in ihrer Nähe bleiben und verließ sein geliebtes Dorf und hatte seine kleine Wohnung in Oebisfelde. Er blieb aber der Freiwilligen Feuerwehr Dannefeld treu und fuhr noch oft "nach Haus".

Elfi, unsere große Schwester, versorgte ihn mit Allem. Mal mit zusätzlichen Nahrungsmitteln, auf die er Appetit hatte oder mal mit Geld, so dass er sich ein klein wenig Luxus (ein kleines Fläschchen "Klaren" zum verdünnen seiner Cola) kaufen konnte. Sie fuhr ihn zu den Arztterminen, zur Chemo-Therapie und zu den Bestrahlungen, die er erdulden musste. Behördengänge und seine finanziellen Angelegenheiten erledigte sie ebenfalls und wusch auch noch die Wäsche für ihn .

Nach einem Rückfall und Einlieferung in die Notaufnahme erholte Harald sich zwar nocheinmal, jedoch die Ärzte gaben im nur noch eine Woche. Sein Speiseröhrenkrebs hatte sich zu sehr ausgebreitet.

Harald wurde in ein Hospiz überstellt jedoch aus der einen Woche erkämpfte er sich noch drei Monate. Es sah nicht ein, dass das schon alles gewesen sein sollte und fragte immer, wann er entlassen wird. Er wollte nicht aufgeben, . . .
aber der Tod war stärker.

Harald wird immer in meinem Herzen sein.